Pacific News #12

 

Europäisch-Südostasiatisches Universitätsnetzwerk in Ingenieurwissenschaften

Garnet Kasperk und Werner Gocht

Im Jahr 1993 unterschrieben die Rektoren und Präsidenten von 5 führenden technischen Universitäten in der Europäischen Union und 5 führenden Universitäten in der ASEAN Region ein Memorandum of Understanding zur Gründung von ESA-UNET: dem European Southeast Asian University Network in Engineering (derzeitige Mitglieder Europa: RWTH Aachen, Delft University of Technology, Grenoble University of Technology, Torino University of Technology,  University of Manchester UMIST ; ASEAN: Chulalongkorn Universität Bangkok– Thailand, National University of Singapore, University of Malaya, Hanoi University of Technology – Vietnam, University of the Philippines, Institute of Technology Bandung – Indonesia).

Ziele des Netzwerkes sind,

  •  gemeinsame interdisziplinäre und industrieorientierte Forschung zu initiieren,
  • das Netzwerk durch Austausch von Gastdozenten, Postgraduierten und Wissenschaftlern zu stärken,
  • und neue Konzepte zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie, sowohl regional als auch intra-regional zu entwickeln und zu erproben.

Konkret wurden in einem Identifikationsseminar im Jahr 1993 drei anwendungsbezogene Forschungsprojekte geplant, die in gemeinsamer Arbeit der beteiligten Unversitäten durchgeführt wurden.

Das Subproject A “Technologietransfer”, an dem alle Partner des Netzwerkes beteiligt sind, hat zum Ziel, Synergieeffekte durch die Zusammenarbeit im Netzwerk und mit lokaler, regionaler und überregionaler Industrie zu erschließen. Erstmalig wurden die vielfältigen Barrieren für Interaktionen und Technologietransfer in der EU und ASEAN-Region durch umfangreiche Interviews in der Industriebetrieben und Handelskammern zusammengestellt. Basierend auf den besonderen Fähigkeiten und Erfahrungen der beteiligten Institute, Fakultäten oder von Expertenteams innerhalb des Netzwerkes wird nun ein Modell entwickelt, das die Transfermechanismen von Universitäten zu Industrien ausweiten und verbessern kann.

Im Rahmen des Subprojectes B “Biologische Behandlung industrieller Abwässer” wurden die gerade im südostasiatischen Raum eklatanten Wasserverschmutzungsarten durch kleine und mittlere Betriebe  insbesondere der Textilindustrie und der Lebensmittelverarbeitung in den verschiedenen Ländern identifiziert. Wissenschaftler aus vier beteiligten ASEAN Ländern haben umfangreiche Laborarbeit an der Technischen Universität in Delft, Holland, durchgeführt, um bereits existierende biologische Technologien entsprechend des Bedarfs in ihren Ländern zu modifizieren.

Das dritte Subproject C “Energieeinsparung in großen Gebäuden” hatte zum Ziel, existierende Computer-Simulationsmodelle für Energieeinsparungen in Gebäuden entsprechend der klimatischen und baulichen Besonderheiten in ASEAN weiterzuentwickeln. Insgesamt 5 Computermodelle wurden auf ihre Stärken und Schwächen in Bezug auf den asiatischen Raum untersucht und angepaßt.

In allen drei Projekten wurde die regionale Industrie nicht nur im Rahmen der Planung und bei der Durchführung von Workshops eingebunden, sondern insbesondere wurden die Ergebnisse im Rahmen stark frequentierter Seminare der Industrie vorgestellt. Ebenso wurden insbe-sondere in den zwei letztgenannten Forschungsprojekten junge Wissenschaftler ausgetauscht, so daß sich in beiden Forschungsbereichen intrare-gionale Expertenteams etabliert haben.

Das Netzwerk hat sich auch unabhängig von den Forschungsaktivitäten stark gefestigt. Jährliche Treffen der Koordinatoren – jede Partneruniversität hat einen ESA-UNET Koordinator nominiert – dienten der Präsentation der Ergebnisse in allen Projekten, sowie insbesondere der Entwicklung von Ideen und Konzeption für die zukünftige Netzwerkentwicklung. Letztendlich kann ein Netzwerk eine Identität nur über die beteiligten Personen gewinnen, so daß sich diese “Network-Meetings” als essentiell für die Netzwerkentwicklung und –stabilisierung gezeigt haben. Gerade in kulturell so unterschiedlichen Ländern lassen sich vielen Dinge nur in persönlichen Gesprächen klären.

Auch außerhalb dieser Treffen lebt das Netzwerk durch umfangreiche Kommunikationsstrukturen. Neben der normalen Kommunikation durch e-mail werden alle Partneruniversitäten durch vierteljährliche umfangreiche Projektfortschrittsberichte über sämtliche Entwicklungen des Netzwerkes informiert. Darüber hinaus ist das Monitoring durch die projektverantwortliche Institution – das Forschungsinstitut für Internationale Technische und Wirtschaftliche Zusammenarbeit der RWTH Aachen – und die zahlreichen damit verbundenen Besuche der Partner wesentlich für die Stabilisierung des Netzwerkes.

Darüber hinaus hat das Netzwerk von Beginn an Wert darauf gelegt, externe Partner zu beteiligen.
So werden die EU Kommission in Brüssel – die diese ersten Projekte finanziell unterstützt hat -, die Delegationen der Europäischen Union in Bangkok, Jakarta und Manila, das ASEAN Sekretariat in Jakarta, das Regional Institute for Environmental Technology (RIET) in Singapore und das ASEAN-EU Energy Management Training and Research Center in Jakarta über die Netzwerkaktionen informiert und zu entsprechen-den Seminaren eingeladen.

Das Netzwerke hat nun die ersten 3-forschungsaktiven Projekte weitgehend abgeschlossen und wird der EU-Kommission in Kürze einen neuen Projektvorschlag zwecks finanzieller Unterstützung unter-breiten. Die EU hat nämlich die entwicklungspolitische, wirtschafts-politische und wissenschaftspoliti-sche Bedeutung von Universitäts-netzwerken zwischen europäischen und asiatischen Hochschulen erkannt und ein umfangreiches Unter-stützungsprogramm konzipiert, das 1999 beginnen soll.

Insgesamt birgt ESA-UNET nicht nur aufgrund der länderspezifischen Besonderheiten in den Regionen sondern gerade aufgrund der kultu-rellen Unterschiede der Regionen enorme Potentiale, die sowohl glo-balen Forschungsaktivitäten als auch globalen Unternehmensaktivitäten zugute kommen können.
Dr. Garnet Kasperk  ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Prof. Dr. Dr. Werner Gocht  ist Leiter des Forschungsinstituts für Internationale Technische und Wirtschaftliche Zusammenarbeit (Toter Link) der RWTH Aachen.